Die Rückkehr zu den Wurzeln bedeutet nicht den Verzicht auf moderne Möglichkeiten, sondern ihre sinnvolle Integration in ein solides Fundament. Evolutionäre Entwicklung statt revolutionärer Sprünge.
Grundsatz 1: Verstehen vor Optimieren
Bevor ein Prozess verbessert werden kann, muss er verstanden werden.
Bevor er verstanden werden kann, muss er sichtbar gemacht werden.
Bevor er sichtbar gemacht werden kann, muss er identifiziert werden.
Diese Reihenfolge ist unverhandelbar – auch im Zeitalter von Artificial Intelligence und Machine Learning.
Die moderne Tendenz, Schritte zu überspringen ("Warum dokumentieren, wenn wir direkt automatisieren können?"), führt systematisch zu suboptimalen Ergebnissen. Process Mining ohne Prozessverständnis ist wie Röntgen ohne anatomische Grundkenntnisse – die Bilder sind scharf, aber uninterpretierbar.
Grundsatz 2: Einfachheit als Komplexitäts-Management
Komplexe Systeme entstehen aus einfachen Bausteinen, nicht aus komplizierten Ausgangskonstruktionen. Die klassischen Prozessbausteine – sequentielle Schritte, Verzweigungen, Schleifen, Parallelisierungen – sind deshalb so mächtig, weil sie kombinierbar und skalierbar sind.
Eine Organisation, die diese Grundbausteine beherrscht, kann beliebig komplexe Prozesslandschaften entwickeln und verstehen. Eine Organisation, die mit komplexen Notationen beginnt, verliert sich in methodischer Verwirrung, noch bevor sie zur eigentlichen Prozessarbeit kommt.
Grundsatz 3: Iteration vor Perfektion
Die Schablone-und-Bleistift-Ära hatte einen entscheidenden Vorteil: Verbesserung war einfacher als Neuerstellung. Ein radiergummierter und überarbeiteter Entwurf war normal und akzeptiert. Moderne Tool-Landschaften verführen zur Perfektionierung erster Entwürfe, weil nachträgliche Änderungen aufwendig sind.
Prozessmanagement ist ein iterativer Lernprozess, kein einmaliges Konstruktionsprojekt. Die wertvollsten Erkenntnisse entstehen nicht in der ersten Dokumentationsrunde, sondern in der dritten oder vierten Überarbeitung. Tools und Methoden sollten Iteration fördern, nicht behindern.